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September 2013

Versetzung: Voraussetzungen der Auswahlentscheidung des Arbeitgebers

Will ein Arbeitgeber Beschäftigte aus dienstlichen Gründen versetzen, so hat er bei der Auswahl die Grundsätze billigen Ermessens zu beachten. Eine Auswahl, die nur Beschäftigte einbezieht, die vorher befristete Arbeitsverträge hatten, ist unzulässig. 

Hierauf wies das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer Arbeitnehmerin hin. Diese war bei der beklagten Bundesagentur für Arbeit (BA) in Pirna im Rahmen eines befristeten Arbeitsverhältnisses beschäftigt. Nachdem das BAG (7 AZR 728/09) entschieden hatte, dass sich die BA zur Rechtfertigung befristeter Arbeitsverträge nicht auf den Sachgrund der sog. haushaltsrechtlichen Befristung berufen kann, „entfristete“ diese zahlreiche Arbeitsverträge. Davon betroffen war auch der Arbeitsvertrag der Arbeitnehmerin. In der Folge wurden viele der vorher befristet beschäftigten Arbeitnehmer versetzt, darunter die Arbeitnehmerin zur Agentur für Arbeit in Weiden. Die Arbeitnehmerin hält die Versetzung aufgrund ihrer persönlichen Lebensumstände für unbillig, im Übrigen sei die Auswahlentscheidung falsch erfolgt. Die BA hat vorgebracht, sie könne Arbeitnehmer aus haushaltsrechtlichen Gründen nur in denjenigen Arbeitsagenturen dauerhaft einsetzen, in denen entsprechende Planstellen im Haushaltsplan ausgewiesen seien. Auch sei es zulässig gewesen, in ihre Auswahlüberlegungen lediglich die Arbeitnehmer aus dem sog. Entfristungsüberhang, nicht aber auch diejenigen Arbeitnehmer einzubeziehen, die von vornherein unbefristet auf einer im Haushaltsplan vorgesehenen Planstelle beschäftigt gewesen seien. Dies habe auch dem Betriebsfrieden gedient.

Die Klage der Arbeitnehmerin hatte in allen Instanzen Erfolg. Die BA sei zwar nach den Bestimmungen des bei ihr gültigen Tarifvertrags und nach dem Inhalt des geschlossenen Arbeitsvertrags berechtigt, die Arbeitnehmerin zu versetzen, wenn hierfür ein dienstlicher Grund besteht. Einen solchen Grund stellte beispielsweise ein Personalüberhang in einer örtlichen Arbeitsagentur dar. Die Versetzung sei wirksam, wenn billiges Ermessen gewahrt werde, also sowohl die Interessen der BA als auch die Interessen der betroffenen Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt würden. Das sei vorliegend aber nicht der Fall gewesen. Weil die Arbeitgeberin in die Auswahlentscheidung nur vorher befristet Beschäftigte einbezogen habe und nur solche Arbeitnehmer versetzt wurden, ergab sich die Unwirksamkeit der Versetzung (BAG, 10 AZR 915/12). 


Arbeitnehmerüberlassung: Gleiches Arbeitsentgelt für Leiharbeitnehmer

Leiharbeitnehmer haben nach den Grundsätzen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes Anspruch auf das gleiche Entgelt wie Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs (equal pay). Das gilt auch für die Sonderleistung Weihnachtsgeld. Wird das Weihnachtsgeld an eine Stichtagsregelung geknüpft, so ist der Anspruch nur gegeben, wenn der Leiharbeitnehmer am Stichtag in dem betreffenden Unternehmen eingesetzt war. 

Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein entschieden. Zur Begründung haben die Richter ausgeführt, dass der Kläger nach dem AÜG Anspruch auf dieselben Leistungen habe wie Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs, sofern nicht ein anwendbarer Tarifvertrag abweichende Regelungen zulasse. Die equal pay Ansprüche bezögen sich grundsätzlich auch auf das beim Entleiher gewährte Weihnachtsgeld. Indessen stehe dem Kläger kein anteiliges Weihnachtsgeld nach dem Haustarifvertrag des Entleihers zu. Dieser Tarifvertrag enthalte eine zulässige Stichtagsregelung, sodass der Anspruch nur bestehe, wenn der Arbeitnehmer am 1.12. in einem Arbeitsverhältnis stehe. Ein beim Entleiher eingesetzter Leiharbeitnehmer könne nach dem equal pay Grundsatz mithin nur dann Weihnachtsgeld von seinem Vertragsarbeitgeber beanspruchen, wenn er am 1.12. beim Entleiher tatsächlich eingesetzt wurde (LAG Schleswig-Holstein, 2 Sa 398/12, Revision beim BAG, 5 AZR 627/13).


Kündigungsrecht: Pflichten des Arbeitgebers bei der Verdachtskündigung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hat noch einmal auf die Pflichten des Arbeitgebers bei Ausspruch einer Verdachtskündigung hingewiesen.

Danach ist dieser zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung verpflichtet. Er darf nicht nur Fakten zulasten des Arbeitnehmers zusammentragen. Er muss auch prüfen, ob es entlastende Fakten gibt, die gegen den Verdacht einer strafbaren Handlung sprechen. Bestehen verschiedene Möglichkeiten, mit denen ein ausgewiesener Differenzbetrag erklärt werden kann, kann nicht einseitig zulasten des Arbeitnehmers davon ausgegangen werden, er habe sich den Betrag durch eine strafbare Handlung angeeignet (LAG Schleswig-Holstein, 3 Sa 208/12).


Vertragsinhalt: Architekt muss auf riskante Bodenverhältnisse hinweisen

Der mit der Grundlagenermittlung beauftragte Architekt muss mit dem Auftraggeber erörtern, ob dieser trotz ihm bekannter risikoreicher Bodenverhältnisse - hier: unzureichende Standsicherheit des Bauvorhabens wegen der Lage an einem abbruchgefährdeten Steilhang - an dem Bauvorhaben festhalten will.

Hierauf wies der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Rechtsstreit hin. Unterlasse der Architekt die gebotene Erörterung, sei er beweispflichtig dafür, dass der Auftraggeber an dem Bauvorhaben festgehalten hätte, wenn ihm die Gefährdung in ihrer ganzen Tragweite bewusst gemacht worden wäre. Allerdings könne den Auftraggeber ein Mitverschulden treffen. Das sei der Fall, wenn sich ihm aufgrund eigener Kenntnis tatsächlicher Umstände aufdrängen müsse, dass die Planung des Architekten sowie die Statik des Tragwerksplaners eine bestimmte Gefahrenlage in Kauf nehme. In diesem Fall verstoße der Auftraggeber regelmäßig gegen die in seinem eigenen Interesse bestehende Obliegenheit, sich selbst vor Schaden zu bewahren, wenn er die Augen vor der Gefahrenlage verschließt und das Bauvorhaben durchführt (BGH, VII ZR 4/12). 


Gewerblicher Funkturm: Keine entschädigungslose Anbringung von Funkanlagen der Feuerwehr

Betreiber gewerblich errichteter und genutzter Antennenträger können nicht verpflichtet werden, auf einem von ihnen betriebenen Funkturm die Anbringung einer Funkanlage zur Alarmierung von Rettungsdienst und Feuerwehr ohne Entschädigung zu dulden.

Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden. Geklagt hatte eine Gesellschaft im Konzern der Deutschen Telekom AG. Sie errichtet und betreibt Antennenträger, an denen sie Anbietern von Mobilfunk, Rundfunk- und Fernsehsendern sowie öffentlichen Einrichtungen wie der Polizei Plätze zur Anbringung und Nutzung von Funkanlagen gegen Entgelt überlässt. Im Jahr 2000 schloss sie mit dem beklagten Kreis einen Vertrag. Vereinbart wurde, auf einem Funkturm eine Gleichwellenfunkanlage für den Feuerschutz und den Rettungsdienst des Kreises zu errichten. Jährliches Entgelt sollte 3.000 DM sein. Im Jahre 2006 kündigte der Kreis den Vertrag. Er verpflichtete die Klägerin durch Bescheid, den Betrieb der Gleichwellenfunkanlage entschädigungslos zu dulden. Er stützte sich dabei auf eine Vorschrift des nordrhein-westfälischen Feuerschutzgesetzes, nach der Eigentümer und Besitzer von Gebäuden und Grundstücken verpflichtet sind, die Brandschau und die Anbringung von Feuermelde- und Alarmeinrichtungen sowie von Hinweisschildern zur Gefahrenbekämpfung ohne Entschädigung zu dulden.

Das BVerwG erklärte diesen Bescheid nun für unwirksam. Die Vorschrift des Feuerschutzgesetzes erfasse keine Eigentümer und Besitzer gewerblich errichteter und betriebener Antennenträger. Eine entschädigungslose Inanspruchnahme ihres Eigentums und ihrer beruflichen Leistung griffe unverhältnismäßig in die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit und das Eigentum ein. Regelmäßig werde dem Eigentümer und Besitzer aufgrund des Feuerschutzgesetzes lediglich eine zusätzliche, von ihm bislang nicht aktualisierte und als wirtschaftlich unergiebig betrachtete Nutzung (zum Beispiel des Dachs seines Hauses für die Anbringung einer Feuersirene) aufgezwungen. Bei gewerblichen Betreibern von Antennenträgern werde hingegen gerade auf die Nutzung zugegriffen, die der Betreiber bei der Errichtung seiner Anlage im Auge hatte, in die er zielgerichtet investiert habe und die er als Basis seiner geschäftlichen Aktivität verwende. Seine Eigentümerbefugnisse würden hierdurch in ihrem Kern betroffen. Der staatliche Zugriff wäre nur zumutbar, wenn er einen Ausgleich erhielte, den das Gesetz hier gerade nicht vorsehe. Ebenso dürfe der Staat die Bürger für Aufgaben, die im öffentlichen Interesse liegen, regelmäßig nur dann beruflich in Anspruch nehmen, wenn er eine angemessene Entschädigung für die Inanspruchnahme leiste (BVerwG, 6 C 1.12).


Bauordnung: Fahne flattert weiter für den BVB

Im Streit um die in einem Wohngebiet gehisste Fahne des Fußballclubs Borussia Dortmund hat das Verwaltungsgericht (VG) Arnsberg die Beseitigungsklage eines Nachbarn abgewiesen.

BVB-Fans hatten die ca. 1 x 2 m große Fahne an einem etwa 5 m hohen Fahnenmast im hinteren Teil ihres Grundstücks angebracht. Die Kläger, deren Grundstück rund 11,50 m von dem Fahnenmast entfernt ist, verlangten - erfolglos - bauaufsichtliches Einschreiten von der Stadt. Sie machten u.a. geltend, dass die Fahne eine im Wohngebiet unzulässige Werbeanlage für den BVB als börsennotiertes Unternehmen darstelle und von ihr unzumutbare Störungen durch Lärm und Schlagschatten ausgingen.

Das VG folgte der Argumentation der Kläger nicht und führte in seinem Urteil aus: Der Fahnenmast mit der BVB-Fahne stelle keine wohngebietsfremde Nutzung dar. In dem Aufstellen des Masts liege keine eigene gewerbliche Betätigung. Auch handele es sich nicht um eine Werbeanlage im baurechtlichen Sinne, weil der Mast nicht als Träger für wechselnde Werbung vorgesehen sei; die aufgezogene Fahne bringe lediglich die innere Verbundenheit mit dem BVB zum Ausdruck. Mast und Fahne seien eine im Wohngebiet zulässige Nebenanlage. Von dieser gingen auch keine unzumutbaren Beeinträchtigungen aus. Dass die Fahne gerade bei Nässe und starkem Wind nicht unerhebliche Geräusche verursache, führe nicht zu einem Einschreitensanspruch der Kläger. Die Eigentümer des Nachbargrundstücks hätten glaubhaft versichert, die Fahne bei entsprechenden Wetterlagen einzuholen. Selbst wenn dies gelegentlich versäumt werde, sei ein zumutbares Maß an Beeinträchtigungen nicht überschritten. Auch der Blick auf die flatternde Fahne begründe keine unzumutbare Störung der Kläger. Nicht anders als bei den Lebensäußerungen der Bewohner selbst und den durch die Gartennutzung üblicherweise entstehenden Geräuschen gehe es auch hier um gelegentlich auftretende Beeinträchtigungen, die mit der Wohnnutzung zusammenhingen und im Nachbarschaftsverhältnis grundsätzlich hingenommen werden müssten (VG Arnsberg, 8 K 1679/12).


Ausbildungsunterhalt: Erstausbildung ist auch drei Jahre nach Schulende noch möglich

Auch eine dreijährige Verzögerung bei der Aufnahme einer Erstausbildung infolge zwischenzeitlich geleisteter Praktika und ungelernter Tätigkeiten kann noch der Obliegenheit des Kindes entsprechen, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen.

Diese für unterhaltsberechtigte Kinder vorteilhafte Entscheidung traf der Bundesgerichtshof (BGH) im Fall einer 1989 geborenen Tochter. Nachdem sie die mittlere Reife erworben hatte, trat sie als ungelernte Kraft in verschiedene Beschäftigungsverhältnisse ein. Dort leistete sie Praktika zum Teil in der Erwartung, auf diese Weise Zugang zu einem Ausbildungsplatz zu erhalten. Dadurch deckte sie ihren Unterhaltsbedarf in der Zeit von Juli 2007 bis Juli 2010 selbst ab. Im August 2010 begann sie eine Ausbildung als Fleischereifachverkäuferin. Das Familiengericht hat ihren Vater, den Antragsgegner, dazu verpflichtet, rückständigen Ausbildungsunterhalt ab September 2010 und laufenden Unterhalt in Höhe von monatlich 218,82 EUR zu zahlen.

Die Rechtsmittel des Vaters blieben ohne Erfolg. Der BGH wies darauf hin, dass der Anspruch eines Kindes auf Finanzierung einer angemessenen, seiner Begabung, Neigung und seinem Leistungswillen entsprechenden Berufsausbildung vom Gegenseitigkeitsprinzip geprägt sei. Auf der einen Seite seien die Eltern verpflichtet, eine Berufsausbildung zu ermöglichen. Auf der anderen Seite müsse das Kind diese mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und üblicher Zeit beenden. Verletze das Kind nachhaltig die Pflicht, seine Ausbildung planvoll und zielstrebig aufzunehmen und durchzuführen, büße es seinen Unterhaltsanspruch ein. Es müsse sich dann darauf verweisen lassen, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen. Ein solcher Verstoß habe hier jedoch nicht vorgelegen. Auch mit einer dreijährigen Verzögerung könne die Erstausbildung noch aufgenommen werden. So seien Bewerber mit schwachem Schulabgangszeugnis verstärkt darauf angewiesen, durch Motivation und Interesse an dem Berufsbild zu überzeugen. Dies könne auch durch vorgeschaltete Berufsorientierungspraktika oder mittels eines Einstiegs über eine (zunächst) ungelernte Aushilfstätigkeit gelingen. Die Aufnahme solcher vorgelagerter Beschäftigungsverhältnisse bedeute daher jedenfalls dann keine nachhaltige Obliegenheitsverletzung, wenn sie in dem Bemühen um das Erlangen eines Ausbildungsplatzes geschehe (BGH, XII ZB 220/12). 


Kindesunterhalt: Anspruch, auch wenn das Kind bei der Großmutter kostenfrei lebt

Der Bedarf eines volljährigen Kindes verringert sich nicht dadurch, dass das Kind kostenfrei im Haushalt seiner Großmutter lebt.

Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden und dem Kind Verfahrenskostenhilfe für den gegen den Vater gerichtlich zu verfolgenden Unterhaltsanspruch gewährt. Der im Jahre 1994 geborene Sohn verlangt von seinem Vater, ab Erreichen der Volljährigkeit Kindesunterhalt in Höhe von 450 EUR monatlich. Er besucht die höhere Handelsschule, bislang ohne Bafög-Leistungen zu empfangen. Dabei lebt er kostenfrei im Haushalt seiner nicht leistungsfähigen Großmutter, deren Ehemann ihn unterstützt. Mit dem Ehemann der Großmutter ist der Antragsteller nicht verwandt. Das Amtsgericht hat dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe versagt. Er habe keinen eigenständigen Haushalt. Seine Lebenssituation sei mit derjenigen eines volljährigen Kindes vergleichbar, das bei einem Elternteil lebe. Deswegen seien die durch das Zusammenleben mit der Großmutter und deren Ehemann ersparten Aufwendungen anzurechnen.

Das sahen die Richter am OLG jedoch anders und gaben dem Antragsteller recht. Nach der einschlägigen Regelung der Hammer Leitlinien habe er einen monatlichen Bedarf von 670 EUR. Seine Lebenssituation entspreche derjenigen eines Kindes mit eigenem Hausstand. Der Umstand, dass der Antragsteller bei seiner Großmutter und deren Ehemann lebe und keine Zahlungen für Verpflegung und Wohnen erbringe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Eine Unterhaltspflicht der - ohnehin leistungsunfähigen - Großmutter bestehe jedenfalls im Umfang der Leistungsfähigkeit der Kindeseltern nicht. Die Gewährung von Verpflegung und Unterkunft durch die Großmutter und ihren Ehemann stelle sich daher als freiwillige Leistung Dritter dar, die keinen Einfluss auf den Bedarf des Antragstellers habe. Für diesen Bedarf abzüglich des bereits an den Antragsteller gezahlten Kindergelds habe der nach seinem Einkommen leistungsfähige Vater aufzukommen (OLG Hamm, 2 WF 98/13). 


Unterhaltsleistungen: Hausgrundstück nun gesetzlich als Schonvermögen qualifiziert

Wer Zahlungen an eine unterhaltsberechtigte Person leistet, darf dafür im Jahr 2013 maximal 8.130 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend machen (2012: 8.004 EUR). Ein Haus, das der Unterstützte zu eigenen Wohnzwecken nutzt, darf dabei nicht als eigenes Vermögen des Unterstützten gewertet werden. Es darf bei der Berechnung des Abzugsbetrags also nicht zum Nachteil des Unterhaltsleistenden abgezogen werden. 

Hintergrund: Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Jahr 2010 entschieden, dass ein Hausgrundstück als eigenes Vermögen des Unterstützten gewertet werden muss (BFH, Urteil vom 30.6.2010, Az. VI R 35/09; Abruf-Nr. 103714). Die Finanzverwaltung vertritt dazu aber eine andere Meinung. Sie behandelt es als Schonvermögen. Die OFD Nordrhein-Westfalen hat jetzt darauf hingewiesen, dass diese Auffassung durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz nun auch in § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG geregelt ist (OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinfo ESt 01/2013). 


EU-Erbrechtsverordnung: Was sich für Eigentümer von Ferienimmobilien ändert

Vor knapp einem Jahr ist die EU-Erbrechtsverordnung in Kraft getreten. Da sie erst auf Erbfälle Anwendung findet, die ab dem 17. August 2015 eintreten, sind die (gravierenden) Änderungen, die die Verordnung mit sich bringt, vielen Bürgern noch nicht ausreichend bewusst. Dies kann bei grenzüberschreitenden Erbfällen zu Überraschungen führen. Deshalb sollte sich jeder deutsche Staatsangehörige, der entweder im EU-Ausland lebt oder über Vermögen, insbesondere Immobilien, im EU-Ausland verfügt, mit den Grundzügen der neuen Erbrechtsverordnung bekannt machen.

Nach jetziger Rechtslage entstehen in Erbfällen mit EU-Auslandsbezug häufig unklare und komplizierte Verhältnisse. Denn durch die uneinheitlichen Regelungen der verschiedenen Staaten finden vielfach gleich mehrere Erbrechtsordnungen Anwendung, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Verstirbt beispielsweise ein deutscher Staatsangehöriger mit Immobilienbesitz in Frankreich, gilt nach französischem Recht mit Blick auf die Immobilie das Recht des Belegenheitsortes, also das französische Recht. Dagegen wird das in Deutschland befindliche Vermögen sowie das bewegliche Vermögen in Frankreich nach deutschem Recht vererbt.

Diese Situation soll durch die Erbrechtsverordnung verbessert werden. So ist künftig weder die Staatsangehörigkeit des Erblassers noch die Belegenheit einer Immobilie entscheidend. Vielmehr richtet sich das anzuwendende Erbrecht ausschließlich nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Nach dem in diesem Staat geltenden Recht wird das gesamte Vermögen des Erblassers vererbt. Viele deutsche Erblasser gehen aufgrund des momentan in Deutschland noch geltenden Staatsangehörigkeitsprinzips davon aus, dass auf ihren Erbfall deutsches Recht Anwendung finden wird. Ist dies nach der neuen Erbrechtsverordnung nicht der Fall, weil der Erblasser nunmehr im EU-Ausland lebt, kann dies zu vom Erblasser nicht gewollten Ergebnissen führen, wenn beispielsweise das materielle ausländische Recht ein anderes gesetzliches Erbrecht oder andere Pflichtteils- bzw. Noterbrechte vorsieht.

Um dies zu vermeiden, räumt die Verordnung die Möglichkeit ein, eine Rechtswahl zu Gunsten des Rechtes des Staates, dem die Person im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehört, vorzunehmen. Die Rechtswahl muss in Form einer Verfügung von Todes wegen erfolgen. Wird diese von einem Notar beurkundet, kann dieser zugleich über verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten beraten. Da die Verordnung auch auf "Alttestamente", d.h. solche, die vor dem 17. August 2015 errichtet wurden, Anwendung findet, empfiehlt es sich, bestehende Verfügungen von Todes wegen - insbesondere solche, in denen über Auslandsimmobilien verfügt wird - daraufhin zu überprüfen, ob aufgrund der Verordnung Anpassungsbedarf besteht. 


Modernisierungsmieterhöhung: Mietabgeltung durch Dienstleistungen schützt Mieter nicht

Haben die Parteien vereinbart, dass die Miete für eine Wohnung durch Dienstleistungen abgegolten werden soll, kann der Vermieter gleichwohl eine Zahlung nach einer Modernisierungsmieterhöhung verlangen.

Das ist das Ergebnis eines Rechtsstreits vor dem Amtsgericht (AG) Offenbach. Die Mieter hatten mit dem Voreigentümer im Mietvertrag vereinbart, dass die Wohnung bis zum Tod des längstlebenden von ihnen vermietet ist. Sie waren verpflichtet, den Garten zu pflegen, die Abrechnung der Nebenkosten mit allen Mietparteien vorzunehmen und Nebenkosten - insbesondere Heizkosten - zu bezahlen. Miete wurde nicht vereinbart. Der Kläger hat das Haus in der Zwangsversteigerung erworben und auf seine Kosten wärmeisoliert. Hierfür erklärte er den Mietern eine Mieterhöhung von 12,95 EUR pro Monat.

Das Gericht machte deutlich, dass die Mieter diesen Betrag zahlen müssten. Der „spezielle“ Mietvertrag der Parteien schließe eine Modernisierungsmieterhöhung nach § 559 BGB nicht aus. Im Mietvertrag wurde nur vereinbart, dass die Dienstleistungen Gegenleistung für die Überlassung der Wohnung in ihrem damaligen Zustand sein sollte. So wie bei Vereinbarung einer Miete nach der Modernisierung eine Mieterhöhung erfolgen könne, müsse das auch möglich sein, wenn anstelle dessen zunächst nur Dienstleistungen vereinbart waren. Die Heizkosten - von den Mietern zu tragen - würden sich wegen der Isolierung reduzieren. Damit trete auch hier ein Ungleichgewicht zwischen der Leistung des Klägers und der Gegenleistung der Mieter ein, dem durch Zulassung der Modernisierungsmieterhöhung Rechnung getragen werden müsse (AG Offenbach, 37 C 445/12).


WEG: Überwachung des Hauseingangs durch Videokamera

Der Eingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage kann mit einer Videokamera überwacht werden.

So entschied es der Bundesgerichtshof (BGH) in einem entsprechenden Rechtsstreit. Die Richter machten aber deutlich, dass dies nicht in jedem Fall gelte. Vielmehr müsse eine Abwägung im Einzelfall erfolgen. Voraussetzung für die Zulassung sei, dass ein berechtigtes Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mitüberwacht wird, überwiege. Zudem müsse die Ausgestaltung der Überwachung unter Berücksichtigung des Bundesdatenschutzgesetzes inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des Einzelnen ausreichend Rechnung tragen (BGH, V ZR 220/12). 


Haftungsrecht: Aufsichtspflicht bei einem Fahrrad fahrenden Sechsjährigen

Wenn ein normal entwickeltes Kind im Alter von sechs Jahren auf dem zum Haus gehörenden Hof und auf dem Gehweg vor dem Haus Fahrrad fährt, muss es nicht ununterbrochen beaufsichtigt werden. Kommt es vom Gehweg ab und auf den Radweg, wo es mit einem anderen Radfahrer kollidiert, haften die Eltern nicht wegen Verstoßes gegen ihre Aufsichtspflicht.

Diese Klarstellung traf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm. Weil Kinder unter sieben Jahren für gar nichts haften, komme ein Geschädigter nur mit einem Anspruch gegen die Eltern weiter. Der setze aber einen Aufsichtspflichtverstoß voraus. Kinder müssten lernen, nach und nach auch ohne die „lange Leine“ der Eltern klarzukommen. Das setze Beaufsichtigungslücken quasi voraus. Wenn die Eltern dem Kind die Gefahren des Fahrradfahrens ausreichend nahegebracht haben, dürfe es in übersichtlichen Situationen auch alleine Fahrrad fahren. Wenn es dabei einen Schaden - gegebenenfalls auch an einem Auto - anrichte, hafte dafür niemand.

Wichtig: Das Argument, das Kind sei offensichtlich nicht ausreichend belehrt worden, denn sonst wäre der Unfall ja nicht passiert, zählt nicht. Jeder der „üblichen“ Unfallverursacher war schließlich auch in der Fahrschule (OLG Hamm, 9 U 202/12).


Unfallregulierung: Mietwagen für Kleingewerbetreibenden mit geringem Gewinn

Ist bei einem Kleingewerbetreibenden der täglich erwirtschaftete Gewinn niedriger als die Mietwagenkosten, darf er zur Aufrechterhaltung seines Betriebs trotzdem einen Mietwagen nehmen, wenn sein Firmenfahrzeug bei einem Unfall beschädigt worden ist. 

So entschied es das Landgericht (LG) Gera und liegt damit auf einer Linie mit der BGH-Rechtsprechung. Es müsse eine Gesamtschau angestellt werden, welche Nachteile dem Geschädigten insgesamt entstünden, wenn er seine Kunden nicht bediene. Isoliert die Mietwagenkosten anzusehen und darauf zu verweisen, dass ein Anspruch auf Erstattung des entgangenen Gewinns für den Schädiger günstiger gewesen wäre, treffe nicht den Kern. Denn durch Unzuverlässigkeit könne man auch Kunden verlieren (LG Gera, 1 S 284/11).


Schadenhöhe: Gutachten unter - Rechnung aber über 130 Prozent

Liegt die Prognose der Schadenhöhe im Schadengutachten, das der Geschädigte selbst eingeholt hat, unter dem 1,3-fachen des Wiederbeschaffungswerts, die Rechnung aber darüber, muss der eintrittspflichtige Haftpflichtversicherer auf der Grundlage der Reparaturrechnung abrechnen.

Hierauf wies das Amtsgericht (AG) Schwäbisch-Gmünd hin. Grund ist, dass der Schädiger das Prognoserisiko trage. Das sei gängige Rechtsprechung, die den Grundlinien des Bundesgerichtshofs zum Prognoserisiko folge. Der Geschädigte dürfe sich grundsätzlich auf das Schadengutachten verlassen. Es sei ja gerade die Existenzberechtigung des Anspruchs auf ein Schadengutachten, dass der Geschädigte die Dinge nicht selbst beurteilen könne (AG Schwäbisch-Gmünd, 4 C 1029/12).

Hinweis: Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass der Geschädigte sich auf das Gutachten verlassen darf, gilt, wenn der Geschädigte die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens selbst verursacht hat. Beispiel: durch Verschweigen von Alt- oder Vorschäden oder eines nach unten hin manipulierten Kilometerstands. 


Fahrverbot: Teilnahme an einem illegalen Autorennen

Die Teilnahme an einem illegalen Autorennen „kostet“ einen 24-jährigen Auszubildenden aus Dortmund eine Geldbuße von 400 EUR und ein einmonatiges Fahrverbot.

Diese Sanktion hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm bestätigt und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen verworfen. Dieser hatte sich an einem Abend an einem illegalen Autorennen beteiligt. Zusammen mit mindestens drei weiteren Fahrzeugen fuhr er in einem bestimmten Gebiet mit einem BMW mehrfach im Kreis, wobei die Fahrzeuge stark beschleunigten. Dies konnte von mehreren Zeugen beobachtet werden. Im Bußgeldverfahren hat der Betroffene seine Teilnahme an einem Autorennen bestritten und erklärt, er habe sich mit zwei Fahrern der anderen Fahrzeuge nur getroffen, um sich „getunte“ Pkw anzusehen.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen aufgrund von Zeugenaussagen wegen Teilnahme an einem nicht genehmigten Kraftfahrzeugrennen zu der in der Bußgeldkatalogverordnung für Verstöße dieser Art vorgesehenen Regelbuße verurteilt. Das OLG hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt. Das angefochtene Urteil lasse keine Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen erkennen. Das vom Amtsgericht festgestellte Fahrverhalten sei ein verbotenes Rennen im Sinne der Straßenverkehrsordnung. Der Betroffene sei in einer Gruppe von mehreren Fahrzeugen zwei- bis viermal im Kreis gefahren, die Fahrzeuge hätten stark beschleunigt, seien hohe Geschwindigkeiten gefahren, ohne dass es zu Überholmanövern gekommen sei. Dass es den beteiligten Fahrern auch um das für ein Rennen maßgebliche Ermitteln eines Siegers gegangen sei, ergebe sich aus dem Gesamtzusammenhang des Urteils. Der Betroffene selbst habe nicht vorgetragen, die Beteiligten hätten die beschriebene Fahrweise lediglich „aus Vergnügen“ an den Tag gelegt. Einer vorherigen Absprache aller Beteiligten zu einem Rennen bedürfe es nicht. Die vom Amtsgericht angeordneten Rechtsfolgen entsprächen der Sach- und Rechtslage. Gründe, von der Regelbuße nach dem Bußgeldkatalog abzusehen, habe das Amtsgericht zu Recht nicht festgestellt (OLG Hamm, 1 RBs 24/13). 


Kfz-Zulassung: Auch Oldtimer brauchen Euro-Kennzeichen

Auch Oldtimer müssen mit einem Euro-Kennzeichen ausgestattet sein, wenn sie nach 1997 umgemeldet oder wieder in Betrieb genommen werden.

Das folgt aus zwei Entscheidungen des Verwaltungsgerichts (VG) Minden. Die Richter wiesen damit die Klagen von zwei Oldtimer-Besitzern ab, die gegen die Zuteilung von Kennzeichen mit Euro-Feld geklagt hatten. Beiden waren aus nicht mehr zu klärenden Umständen in den Jahren 2007 und 2011 Kennzeichen zugeteilt worden, die zwar die H-Kennzeichnung, aber nicht das seit 1997 verbindliche Euro-Feld aufwiesen. Der beklagte Kreis hatte die Einziehung dieser Kennzeichen angeordnet. Hiergegen wandten sich die Kläger, weil sie der Auffassung sind, durch das Euro-Kennzeichen werde das historische Erscheinungsbild der liebevoll restaurierten Fahrzeuge beeinträchtigt.

Dem folgte das Gericht nicht. Das ästhetische Empfinden der Fahrzeughalter sei nicht ausschlaggebend. Das Aussehen der Kennzeichen im öffentlichen Straßenverkehr sei vielmehr einheitlich vorgeschrieben. Ausnahmen aus optischen Erwägungen seien nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich. Anderenfalls müssten je nach Alter der Fahrzeuge die verschiedensten - heute nicht mehr gültigen - historischen Kennzeichen vergeben werden. Die Interessen der Halter seien dadurch gewahrt, dass der Kreis die Kosten der Umrüstung übernehme (VG Minden, 2 K 2930/12 und 2 K 2931/12).